Nezahat Baradari (SPD-MdB) zum erneuten Brexit-Aufschub: „Großbritannien dreht sich im Kreis“

Olpe/Lüdenscheid. Die Entscheidung des Europäischen Rats, die Brexit-Frist noch einmal bis maximal Ende Oktober 2019 zu verlängern, begeistert die heimische SPD-Bundestagsabgeordnete Nezahat Baradari überhaupt nicht. Dennoch findet die SPD-Politikerin, die im Bundestag dem Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union angehört, dass dieses Ergebnis des jüngsten EU-Gipfeltreffens Respekt verdient: „Während die britische Regierung unter der konservativen Premierministerin Theresa May in den letzten drei Jahren seit dem Brexit-Referendum völlig unfähig und nicht in der Lage war, eine tragfähige Entscheidung herbeizuführen, haben die übrigen europäischen Staats- und Regierungschefs einmal mehr mit Verantwortungsbewusstsein auf das unsägliche Chaos und die anhaltenden Grabenkämpfe in der britischen Politik reagiert.“

Nicht optimal sei sicherlich, dass der erneute Aufschub, den die EU Großbritannien nunmehr gewähre, wahrscheinlich damit verbunden sei, dass das abtrünnige Land Ende Mai noch einmal an den Wahlen zum Europäischen Parlament teilnehmen müsse. Dies sieht die heimische Abgeordnete kritisch. Die Alternative zur erneuten Verlängerung des Brexit-Dramas wäre jedoch, so Baradari, ein ungeordneter Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der EU gewesen, der unabsehbare Folgen für die Wirtschaft und die Menschen auf beiden Seiten des Ärmelkanals hätte. Betroffene Bereiche seien z.B. der Flugverkehr, das Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrecht, Visumsregelungen, Regelungen im Bereich der Sozialversicherung oder etwa auch das „Erasmus“-Programm. „Im Grunde genommen war es eine Wahl zwischen Pest und Cholera, aber ich finde, dass sich der Europäische Rat mit dem erneuten Aufschub des Brexits letztlich doch für das kleinere Übel entschieden hat“, betont Nezahat Baradari (SPD-MdB). Man müsse auch sehen, dass ein harter Brexit das Verhältnis zwischen der EU und Großbritannien auf längere Sicht nachhaltig vergiftet hätte.

Baradari sieht die britische Politik jetzt in einer besonderen Verantwortung: „Das absurde und die Nerven fast aller Menschen in ganz Europa übermäßig strapazierende Theater, das wir bisher im britischen Unterhaus erlebt haben, muss endlich beendet werden. Die politischen Akteure in London müssen die Atempause, die der erneute Aufschub gewährt, konsequent nutzen, um die schier endlosen innenpolitischen Debatten über den Brexit zu einem klaren Ergebnis zu führen, das von einer zumindest ausreichenden Mehrheit im Unterhaus getragen wird.“ Dabei müsse Großbritannien auch akzeptieren, dass die EU keinen weiteren Nachbesserungen des vorliegenden Austrittsabkommens zustimmen wird. Das Land dürfe sich nicht länger im Kreis drehen. Wichtig sei, dass ein ungeregelter Brexit endgültig verhindert werde und vor allem auch die Grenze zwischen Nordirland und Irland offen bleibe, so dass dort die alten Konflikte nicht wieder aufflammen. Einen zumindest geordneten Brexit wünsche sie sich, so Baradari, nicht zuletzt auch mit Blick auf die stark exportorientierte Industrie in Südwestfalen, die bislang enge und gute Handelsbeziehungen mit Großbritannien pflege. „Davon hängen also zahlreiche Arbeitsplätze auch bei uns vor Ort ab“, hebt die SPD-Politikerin hervor.

Da das Austrittsdatum 12. April ja nun vom Tisch und durch die Fristverlängerung bis Ende Oktober 2019 wertvolle Zeit gewonnen sei, sollte Großbritannien diese vielleicht auch nutzen, um über den Brexit noch einmal ganz grundsätzlich nachzudenken. „Sollte es wider Erwarten doch noch zu einem zweiten Referendum und damit vielleicht zu einem Verbleib dieses politisch wichtigen und wirtschaftsstarken Landes in der EU kommen, wäre das natürlich für alle Beteiligten noch besser als ein geregelter Brexit“, so Nezahat Baradari abschließend.