Grußwort zum Neuen Jahr

Mit ihrem Votum zum Koalitionsvertrag haben 369.680 Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in ganz Deutschland für einen ganz besonderen Abschluss des politischen Jahres 2013 gesorgt. Erstmals in der deutschen Parteiengeschichte konnten sämtliche Mitglieder direkt über den zuvor ausgehandelten Koalitionsvertrag entscheiden.

Und sie haben von dieser Möglichkeit in einem Umfang Gebrauch gemacht, den wohl niemand zuvor für möglich gehalten hätte: Die Beteiligung am Mitgliedervotum lag bei knapp 78 %; die Zustimmung bei stattlichen 76 %.

Wie hätte man besser ausdrücken können, was die SPD nun schon seit 150 Jahren auszeichnet: Die SPD zieht in schwierigen Situationen und bei politischem Gegenwind nicht den Kopf ein – und das erneut enttäuschende Bundestagswahlergebnis vom September war eine schwierige Situation.

Das Mitgliedervotum war in mehrfacher Hinsicht ein starkes Signal:

– Ein Signal für ein großes und gegenseitiges Vertrauen innerhalb unserer Partei,

– ein Signal für den Willen und den Anspruch der SPD, Regierungspolitik für ganz Deutschland wieder aktiv und verantwortlich mit zu gestalten,

– ein Signal für politische Glaubwürdigkeit, denn es hat deutlich gemacht, dass die SPD ihre politischen Ziele – wie für mehr direkte Demokratie einzutreten – auch selbst lebt und praktiziert

– und schließlich ein Signal gegen die Politik- und Parteienverdrossenheit, weil wir gezeigt haben: Wer mitmacht, kann mitentscheiden und mitgestalten, kann Teil einer lebendigen Demokratie sein!

In diesem Sinne aufs Neue geeint und gestärkt können und werden wir in das neue Jahr 2014 gehen. Neue Aufgaben und Herausforderungen gibt es genug!

Die neue Bundesregierung muss jetzt zügig ihre Arbeit aufnehmen und die im Koalitionsvertrag vereinbarten Weichenstellungen auch praktisch auf den Weg bringen. Und natürlich ist auch 2014 wieder Wahljahr: Mit Kommunalwahlen bei uns in NRW und mit der Europawahl am 25. Mai – erstmals mit einem gemeinsamen Spitzenkandidaten aller sozialdemokratischen Parteien in Europa, dem Präsidenten des Europaparlaments, Martin Schulz.

Für beides, den Start der neuen Bundesregierung und auch die 2014 anstehenden Wahlen, haben wir bereits in den Ergebnissen der Koalitionsverhandlungen wichtige Vorarbeiten geleistet.

Es ist daher auch kein Zufall, dass neue Anstrengungen für noch bessere Bildung und Betreuung sowie eine spürbare und deutliche Stärkung der Finanz- und Investitionskraft von Städten und Gemeinden und ein verändertes europapolitisches Selbstverständnis klar erkennbare Elemente der sozialdemokratischen Handschrift in dieser Koalitionsvereinbarung sind. Dazu kommen natürlich unsere sozialen Kernthemen: Mehr Ordnung und Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt, ein gerechteres Rentensystem und Verbesserungen bei Gesundheit und Pflege.

Diese sozialdemokratische Handschrift jetzt von Anfang an und über die ganze neue Wahlperiode hinweg auch im Regierungshandeln sichtbar werden zu lassen, das ist die gemeinsame Aufgabe aller, die jetzt für die SPD in der Regierung und im Bundestag Verantwortung tragen. Es ist aber auch die Aufgabe und eine Chance für alle Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Ländern und Kommunen: Hier können und müssen wir beweisen, dass wir mit den im Koalitionsvertrag vereinbarten zusätzlichen Finanzmitteln und Spielräumen vor Ort wirklich spürbare Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger entstehen lassen können.

Die zentralen Entlastungsversprechen des Koalitionsvertrages gegenüber Kommunen und Ländern – perspektivisch 5 Milliarden Euro Entlastung jährlich für Städte und Gemeinden durch ein Bundesteilhabegesetz sowie 6 Milliarden Euro zusätzlich für Krippen, Kitas, Schulen und Hochschulen in den kommenden vier Jahren – stehen dabei ausdrücklich nicht unter Finanzierungsvorbehalt. Sie werden als sogenannte „prioritäre Maßnahmen“ auf jeden Fall umgesetzt. Allein die Kommunen im Kreis Olpe werden hierdurch mit rd. 6 Mio. Euro profitieren.

Dasselbe gilt für die Verkehrsinvestitionen, die um insgesamt 5 Milliarden Euro über die gesamte Legislatur erhöht werden. Auch die Städtebauförderung steigt wieder auf 700 Millionen Euro jährlich. Die insgesamt 2 Milliarden Euro zusätzlich für die Entwicklungszusammenarbeit stehen fest.

Ebenfalls ohne „Wenn und Aber“ vereinbart wurde auch das, was die SPD zum zentralen Gegenstand der Koalitionsverhandlungen gemacht hat, nämlich mehr Ordnung und Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Mindestlohn und Bekämpfung der Auswüchse bei Leiharbeit und Werkverträgen – das war und ist für uns zu allererst nicht eine wirtschaftliche Frage, sondern eine Frage der Würde. Der Würde der Arbeit und der Würde der Lebensleistung der arbeitenden Menschen.

Nun wird endlich gelten, was wir Sozialdemokraten gemeinsam mit den Gewerkschaften schon lange gefordert haben: Anständiger Lohn für anständige Arbeit – im ganzen Land!

Ab 2015 gilt der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro und zwar bundesweit. Der Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen wird wirksam eingedämmt. Und nach einem langen, harten Erwerbsleben gibt es künftig auch anständigere Renten: Abschlagsfrei nach 45 Beitragsjahren ab dem 63. Lebensjahr und eine solidarische Lebensleistungsrente von 850 Euro, auch wenn der Lohn nur gering war.

Wir Sozialdemokraten haben von Anfang an gesagt: Eine Koalition mit uns kommt nur, wenn der Mindestlohn kommt – und wir haben Wort gehalten!

Auch die SPD will und muss weiterhin für eine lebendige Demokratie in Deutschland sorgen. Auch als verlässlicher Partner in der großen Koalition. Mit dem Mitgliedervotum haben wir ja bereits bewiesen, dass das durchaus möglich ist. Diesen Schwung nehmen wir jetzt mit ins neue Jahr.

Wir werden im Handeln der Regierung und der Koalition insgesamt verlässlich zu den in den Koalitionsverhandlungen geschlossenen Kompromissen stehen. Deutschland braucht endlich wieder eine handlungsfähige und stabile Regierung. Die vergangenen vier Jahre Dauerstreit in der schwarz-gelben Koalition werden sich nicht wiederholen!

Aber das heißt nicht, dass wir als SPD nicht gleichzeitig auch weiterhin die Positionen markieren werden, für die wir stehen, auch wenn wir sie jetzt nicht sofort vollständig umsetzen können.

Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass diejenigen, die viel besitzen, sich stärker an den gemeinsamen Aufgaben beteiligen. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass Deutschland endlich so viel für die Bildung und Erziehung aufwendet wie andere Industrieländer. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass die Kommunen und Kreise genug Geld haben, um ihren Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft leisten zu können.

Es gibt also viel zu tun. Ich wünsche uns allen dazu Kraft, Gesundheit, und Glück im neuen Jahr!