Parteitag für Verbraucher

Zu einem ungewöhnlichen Parteitag hatte der SPD-Kreisverband Olpe am Samstag Vormittag in den Gasthof Sangermann in Oberveischede eingeladen: Im Mittelpunkt standen weniger Wahlen oder Berichte, sondern ein Gast. Klaus Müller war zu den Sozialdemokraten gekommen, ehemaliger Umweltminister des Landes Schleswig-Holstein unter Ministerpräsidentin Heide Simonis und heute Vorstand der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Dabei ist Müller gar kein Sozialdemokrat, sondern Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen, was aber einen Großteil der Teilnehmer nicht davon abhielt, den Gast locker, wie unter Genossen üblich, zu duzen. In seinem Bericht stellte Klaus Müller zunächst die Struktur der Verbraucherzentrale vor, die vor rund 50 Jahren unter anderem auf Initiative von Frauenverbänden, kirchlichen Initiativen und landwirtschaftlichen Organisationen entstand.

Seit knapp einem Jahr befindet sich eine Außenstelle auch im Kreis Olpe: Die Verbraucherzentrale in Lennestadt wird gut angenommen und hat sich bereits einen guten Ruf erarbeitet.

Gefährliches "kleingedruckt"

Klaus Müller berichtete über die Arbeit der Verbraucherschützer und betonte, dass dabei die neuen Medien eine immer größere Rolle spielten. Rund 40 Prozent aller Hilfesuchenden hätten Probleme aus der "digitalen Welt" – unerwünschte Telefonwerbung, Internet-Abzocke, Fernseh-Abos und mehr. Vor allem die Abo-Fallen, weil Verbraucher auf vermeintlich kostenlose bzw. werbefinanzierte Internet-Dienste hereinfallen, seien eine zunehmende Belastung, die, obwohl illegal, viel Arbeit nach sich zögen, weil die Anbieter oft im rechtlich kaum zu erreichenden Ausland säßen. Die Verbraucherzentrale setze sich dafür ein, dass hier eindeutige Kosteninformationen verpflichtend würden, damit etwaige Abonnements nicht irgendwo im "Kleingedruckten" versteckt würden.

Klimaschutz wichtig

Seit der Banken- und Wirtschaftskrise spiele die Schuldner- und Insolvenzberatung eine immer größere Rolle. Müller forderte, die Bankenaufsicht in Deutschland müsse neu geregelt werden. Peer Steinbrück als Bundesfinanzminister sei dabei eine der wenigen gewesen, die für einen solchen Schritt eingestanden seien. "Nun haben wir einen neuen Finanzminister und fangen ganz unten neu an", konstatierte Müller. Auch müsse die Beratungsqualität in Banken verbessert werden. Niemand lese 30-seitige Informationspapiere. Eine ganz große Rolle beim Verbraucherschutz spiele der Klimaschutz. Drei von vier Verbrauchern gäben an, dass dieser ihnen wichtig sei. Nun liege es auch an den Verbraucherschützern, darüber aufzuklären, was wirklich dem Klima nütze und was nur Geldmacherei oder so genanntes "Greenwashing" sei. Müller begrüßte, dass Ministerpräsidentin Hannelore Kraft eindeutige Aussagen hinsichtlich einer Aufwertung des Verbraucherschutzes in Nordrhein-Westfalen getätigt habe. Als Fazit zog der Verbraucherschutz-Vorstand, dass es in einer zunehmend vielfältigen Welt auch immer vielfältigere Arten von "grauen oder schwarzen Schafen" gebe.

Auf Nachfragen aus der Versammlung und besonderen Hinweis von SPD-Kreisvorsitzendem Bernd Banschkus, im Hauptberuf selbst Banker, ergänzte Müller: "Es gibt auch gute Banken." Doch inzwischen sei auch bei Genossenschaftsbanken und Sparkassen der Verkaufsdruck oft enorm hoch. In der neuen Bundesregierung sei die Bezeichnung "Verbraucherschutz" im entsprechenden Ministerium nach hinten gerückt, was mehr als nur ein Symbol sei. In Nordrhein-Westfalen sei in der Person von Johannes Remmel (Grüne) "ein guter Verbraucherschutzminister" im Amt. Allerdings ende der Verbraucherschutz nicht an den Ressortgrenzen der Ministerien. Nach einem ersten Gespräch mit Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) habe er erstmals die Hoffnung, einen Justizminister mit "Lust auf Verbraucherschutz" im Amt zu wissen, denn beispielsweise die gesamte "Internet-Abzocke" falle ins Ressort dieses Ministeriums.