
Schon traditionell traf sich der SPD-Kreisverband Olpe zum Politischen Aschermittwoch; in diesem Jahr im Stadthallenrestaurant in Attendorn. Die Redner griffen aktuelle Themen mit markigen Worten auf.
»Unsere Kernkompetenz ist soziale Gerechtigkeit. Wir müssen die Menschen dort abholen, wo sie stehen. Dabei stehen die abhängig Beschäftigten an erster Stelle. Die brauchen unseren Schutz. Die brauchen eine starke SPD.« Willi Brase, SPD-MdB und DGB-Vorsitzender der Region Siegen-Olpe-Wittgenstein, brachte beim Politischen Aschermittwoch des SPD-Kreisverbands Olpe im Stadthallenrestaurant Attendorn in einer kämpferischen Rede das Ursprungsanliegen der Genossen und die damit verbundenen Forderungen beim Konjunkturpaket II auf den Punkt.
Mit Sorgenfalten betrachtete er den Arbeitsmarkt. Durch die Krise in der Automobilindustrie gebe es in der DGB-Region mehr als 17000 gemeldete Kurzarbeiter, davon 7000 im Kreis Olpe. Diese Zahlen könnten weiter steigen und sogar den Höchststand der vergangenen Jahrzehnte in der Arbeitsmarktregion erreichen. Um sofortige Entlassungen, wie bei den zahlreichen Mitarbeitern von Zeitarbeitsfirmen geschehen, zu vermeiden, sei es richtig und gut, dass über die Schiene der SPD das Kurzarbeitergeld auf 18 Monate verlängert worden sei.
Überhaupt kritisierte Willi Brase die Bedingungen der Leiharbeit und das Querstellen der CDU, Zeitarbeitern Mindestlöhne zu zahlen. Es könne nicht angehen, dass sich die Löhne zwischen 4,60 und 9,20Euro belaufen würden und dass ein Großteil der vollschichtig arbeitenden Zeitarbeiter nach 40 Stunden Arbeit trotzdem noch wegen Unterstützung zur Behörde müsse.
Dem Thema »Verlängerung der Abwrackprämie« bescheinigte Willi Brase eine besondere Bedeutung für die Region. Wenn die weltweite Automobilindustrie wieder Fuß fasse, würde davon auch die Heimat profitieren. Eine staatliche Unterstützung der Opel-Werke sieht er als unabdingbar, damit nicht noch weitere Einbrüche passierten.
Zur Finanzkrise vertrat der Bundestagsabgeordnete die These von Altkanzler Helmut Schmidt: »Hemmungslose Habgier.« Brase: »Wenn Banken verschwinden oder Geld brauchen und es gleichzeitig Banker gibt, die sich Boni einstreichen, stimmt etwas im System nicht.« Deshalb wollten die Sozialdemokraten mit einem klaren Kurs gegen »Neokonservative« und »Neoliberale« agieren. Wichtig sei, das Vertrauen in die Finanzmärkte wieder herzustellen und dazu gehöre eine Aufsicht.
»Nach wie vor haben wir großen privaten Reichtum, starke Armut und Probleme im Mittelstand. Es gilt, den Reichtum zu nutzen, um die Armut zu bekämpfen und den Mittelstand zu stärken«, rief Brase auf. Dazu gehörten u.a. gleiche Bildungschancen für alle Bürger, gerechte Steuern, gesetzliche Mindestlöhne, eine Beschränkung der Leiharbeit und gerechte Sozialversicherungssysteme. Die SPD plädierte für die Einführung einer Vermögenssteuer und Bürgerversicherung, um alle Menschen gleich zu behandeln.
Pfeile in den Kreis Olpe und zum Landtag nach Düsseldorf schoss der heimische Landtagsabgeordnete Reinhard Jung ab. Den Finnentropern stellte er die Frage, ob der »vorübergehend fahnenflüchtige« Dietmar Heß als Bürgermeister überhaupt noch wählbar ist. Denn wer im Grunde genommen keine Lust mehr auf seinen Job habe, mache diesen erfahrungsgemäß nicht gut. Heß Niederlage gegen Dr. Matthias Heider um die CDU-Bundestagskandidatur im hiesigen Wahlkreis bezeichnete er als fatales Ergebnis für den CDU-Kreisvorsitzen Theo Kruse: »Führungsqualitäten und Durchsetzungskraft Fehlanzeige!«
Ebenso kritisierte Jung das Vorgehen der »wild gewordenen« Ortsunion in seinem Heimatort Schönau, das wünschenswerte interkommunale Gewerbegebiet auf der Ostheldener Höhe zu verhindern. Und das mit unlauteren Mitteln bis hin zu falschen Fotomontagen. »Den Christenmenschen ist jedes Mittel recht, die Bevölkerung aufzuhetzen«, so Jung. Besonders pikant sei, dass es weder Wendens Bürgermeister Peter Brüser noch der CDU-Gemeindeverband bisher geschafft hätten, das »Tollhaus« ihrer Parteifreunde in Schönau und Altenwenden ruhig zu stellen.
Mit Genugtuung ging Jung auf den Verfassungsgerichtshof in Münster gekippten Termin für die Kommunalwahl am 7. Juni ein: »Mit dieser Entscheidung sind der Willkür von Rüttgers und Co., Kommunal- und Europawahl an einem Tag durchzuführen, um eine möglichst niedrige Wahlbeteiligung und dementsprechend hohe Stimmenprozente für die beiden Koalitionsparteien zu erreichen, Grenzen aufgezeigt worden.« Total neben der Spur sei jedoch der neue Wahltermin 30. August, für den zusätzlich 42Mill.Euro angesetzt seien. Jung: »Die einzige und beste Lösung wäre der 27. September, der Tag der Bundestagswahl. Die Bürger müssen nur einmal ins Wahllokal und es würden nur minimale Kosten entstehen.«
Im Rahmen des Länderfinanzausgleichs bescheinigte Jung dem Land NRW eine Abwärtsentwicklung. »Früher fütterte das SPD-geführte NRW die Bayern mit unserem Geld, damit sie außer den Lederhosen auch noch Stoff tragen durften. Heute reichen die uns den Brotkorb, nur weil diese Landesregierung selbst bei konjunkturell guten Zeiten nicht in der Lage ist, vernünftig zu wirtschaften.« Holprig sei es zunächst auch bei der Umsetzung des Konjunkturpakets II der Bundesregierung bezüglich der Weiterleitung von Investitionsmitteln an die Kommunen angegangen. Dass die Kommunen nunmehr 83 Prozent der entsprechenden Bundesmittel erhalten, sei nur deren beharrlichen Druck und auch der SPD zu verdanken.
Nachdem auch der ehemalige Verkehrsminister Oliver Wittke wegen seines Verkehrsvergehens und Innenminister Ingo Wolf wegen seines mehrmaligen Scheiterns von Gesetzen ihr Fett von Reinhard Jung abbekommen hatte, kam der Landtagsabgeordnete beim Politischen Aschermittwoch in Attendorn zu dem Ergebnis, dass das »Grusel-Kabinett Rüttgers« insgesamt ablösungsbedürftig sei.